Christliche Spiritualität leben

Noch vor einigen Jahren hätte man anstelle von Spiritualität einfach von „Frömmigkeit“ gesprochen. Spiritualität ist jedoch nicht einfach ein Modewort, sondern benennt die persönliche, subjektive Seite des religiösen Lebens.

Der Begriff selbst lässt sich vom lateinischen Begriff spiritus herleiten und bedeutet „Geist“ bzw. „Lufthauch“. Damit wird die Verbindung zur Geistdimension Gottes bzw. des Religiösen deutlich. In „spiritus“ bzw. Spiritualität steckt auch das lateinische Verb „spirare“ (blasen, wehen, hauchen, atmen, leben), „spiro“ heisst „ich atme“. Damit wird die Dimension der Tätigkeit sichtbar, der Lebensgrundlage. Spiritualität leben ist, wie atmen, denken und kommunizieren, ein Grundzug des Lebens

 

Fokus Theologie

Spiritualität kann als „geformte Aufmerksamkeit“ beschrieben werden (Fulbert Steffensky). Aufmerksamkeit heisst darin einerseits, aufmerksam für das Unerfüllte zu sein, für die Not der Menschen, bzw. für die Armen dieser Welt. Andererseits heisst Aufmerksamkeit aber auch, achtsam im Umgang mit der Schöpfung und dem Leben zu sein. Das Gelingende, das Gute, Schöne und Wahre zu sehen. Dass diese Aufmerksamkeit geformt ist, bedeutet, dass Spiritualität mit Übung zu tun hat, dass sie nicht eine Form von Sonderbegabung darstellt. Spiritualität ist Handwerk, sie muss gelernt und gepflegt – und dadurch geformt werden.

Spiritualität lässt sich auch ganz grundsätzlich als „Verbundenheit“ beschreiben (Anton Bucher). Verbundenheit besteht mit sich selbst, mit den anderen Menschen, mit der Schöpfung und mit Gott. Diese Verbundenheit ist unsere Lebensquelle, da wir ohne andere Menschen, ohne Schöpfung, ohne Gott gar nicht existieren können und aufeinander verwiesen sind „Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft. Und du sollst den nächsten Lieben wie dich selbst.“ (Mk 12,30).

Die Verbundenheit ist uns aber auch als Auftrag von Gott gegeben: „Seid fruchtbar, vermehrt euch, füllt die Erde und bemächtigt euch ihrer. Zwingt nieder die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und alle Tiere, die auf der Erde kriechen. Seht, ich übergebe euch alle Samen aussäenden Gewächse auf der ganzen Erdfläche, sowie jeden Baum, an dem Samen aussäende Baumfrüchte sind.“ (Gen 1,28f.)

 

Fokus Kompetenz

Spiritualität in diesen verschiedenen Bedeutungsebenen erschliesst sich in der Folge als Haltung und Handlung gleichermassen – umfasst also das ganze Sein mit Kopf, Herz und Hand. Von den Grundfragen des Lebens ausgehend setzen sich die Kinder und Jugendlichen mit der gelebten Spiritualität in der eignen Familie auseinander, lernen religiöse Orte und mögliche Vorbilder sowie Wegbegleiter kennen. Sie gestalten ihre Beziehung zum dreieinigen Gott ebenso wie das eigene Beten und andere Formen gelebter Spiritualität.

Die Schüler*innen bzw. Kinder und Jugendlichen entwickeln in diesem Kompetenzbereich in einer erfahrungsorientierten Auseinandersetzung mit spirituellen Erscheinungsformen ihre eigene Spiritualität weiter – und leben sie, bzw. vertiefen sie in ihrem Leben.

 

Literatur zum Weiterlesen

Bucher Anton, Wurzel und Flügel. Wie spirituelle Erziehung für das Leben stärkt, Düsseldorf 2007 (Patmos)

Dahlgrün Corinna, Christliche Spiritualität, Formen und Traditionen der Suche nach Gott, Berlin 2009 (de Gruyter)

Steffensky Fulbert, Schwarzbrotspiritualität, Stuttgart 2005 (Radius)